06.08.2012
Ansturm auf Bernauer Schulen weiter ungebrochen
Die großen Sommerferien sind vorbei, hunderte Schülerinnen und Schüler starten in Bernau in dieser Woche in ein neues Schuljahr. Darunter sind allein rund 360 Schulanfänger – mehr als doppelt so viele wie noch vor zehn Jahren. Pünktlich zu Beginn des Schuljahres 2012/13 spricht die städtische Pressestelle mit Marina Timmermann, Leiterin des Amtes für Schulverwaltungs-, Kultur- und Jugendangelegenheiten, über die Arbeit der Schulverwaltung und anstehende Herausforderungen.
Frau Timmermann, Sie leiten inzwischen schon seit sechs Jahren das Schulverwaltungsamt. Welches sind seine Hauptaufgaben?
Die Stadt Bernau ist Schulträger von vier Grund- und zwei Oberschulen. Als solcher haben wir vielfältige Aufgaben. Insbesondere stellen wir die Gebäude und Schulanlagen zur Verfügung und richten die Schulen ein. Gemäß Landesrecht haben wir darüber hinaus die Aufgabe, Schulbezirke und Schuleinzugsbereiche festzulegen und sind für die Errichtung, Änderung und Aufhebung von Schulen verantwortlich. Im Einvernehmen mit der Schule gibt der Schulträger der Schule auch einen Namen. Im Weiteren sind wir beteiligt an der Schulentwicklungsplanung, die in der Verantwortung des Landkreises liegt. Seit Änderung des Schulgesetzes in Brandenburg 2011 ist die Stadt als Schulträger auch endlich Mitglied in den jeweiligen Schulkonferenzen. Und nicht zuletzt liegt auch der Schulbetrieb in unseren Händen, also zum Beispiel die Ausstattung mit Lehrmitteln oder die Essenversorgung. Der Unterhalt der Schulen ist inzwischen Aufgabe des städtischen Gebäudemanagements.
Wonach richtet sich eigentlich, ob eine Schule vom Landkreis oder von der Stadt betrieben wird?
Das ist im Brandenburgischen Schulgesetz festgelegt. Es regelt, welcher Träger welche Schulen betreibt. Beispielsweise ist der Landkreis Träger von Gymnasien, Förderschulen und Grundschulen, die mit Förderschulen oder Förderklassen zusammengefasst sind. Laut Schulgesetznovelle aus den 90er Jahren ist der Landkreis auch für die Oberschulen zuständig. Bernau hat aber beide Oberschulen in eigener Trägerschaft behalten. Das ist möglich gewesen, weil wir den Status einer großen kreisangehörigen Stadt haben.
Hat sich das Arbeitsspektrum des Schulverwaltungsamtes in den vergangenen Jahren verändert?
Ja, das hat es. Durch das Bildungspaket der Bundesregierung für bedürftige Kinder aus Familien mit geringem Einkommen beispielsweise hat sich der Verwaltungsaufwand erhöht. Die Stadt selbst prüft zwar die jeweiligen Anträge nicht, sondern leitet die Mittel nur weiter, muss aber mit anderen Behörden wie dem Jobcenter und der betreffenden Schule eng kooperieren.
Auch die Lage Bernaus im sogenannten „Speckgürtel“ wirkt sich auf die Aufgaben des Schulverwaltungsamtes aus. Viele Familien bevorzugen das Wohnen im Grünen und ziehen ins Umland. So musste die Schulbezirkssatzung in den Jahren 2007 und 2010 verändert werden, um die Schülerströme besser zu lenken. Eventuell ist in nächster Zeit eine erneute Änderung dieser Satzung erforderlich. Denn allein in diesem Jahr haben wir in Bernau mehr als 360 Schulanfänger – vor zehn Jahren waren es noch 160 – und geraten teilweise schon an unsere Kapazitätsgrenzen. Die Grundschulen im Stadtzentrum sind sehr stark ausgelastet, an der „Peripherie“ gibt es hingegen noch freie Kapazitäten. Um für die vorhandenen Schulgebäude eine ausgeglichene Auslastung zu erreichen, wäre die Satzungsänderung eine Option.
Wie viele Mitarbeiter sind in der Schulverwaltung tätig?
Im Amt für Schulverwaltungs-, Kultur- und Jugendangelegenheiten arbeiten in der Kernverwaltung neben mir neun Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen. Einer von ihnen ist ausschließlich für die Schulverwaltungsangelegenheiten zuständig. Aber wir kooperieren bei den Schulen natürlich eng mit den anderen Ämtern. Von Vorteil ist, dass sowohl die Schulverwaltung als auch das Gebäudemanagement und das Bauamt dem gleichen Dezernat zugeordnet sind. Aller zwei Wochen findet eine Arbeitsberatung statt, in der wir uns über alle laufenden Vorgänge austauschen, zum Beispiel über Baumaßnahmen oder den Unterhalt der Schulen.
Insgesamt kann ich nur feststellen, dass wir in diesem Bereich schon einen sehr hohen Standard haben: Fast alle Schulen sind inzwischen saniert und gut ausgestattet und weitere Baumaßnahmen laufen noch beziehungsweise befinden sich in der Planung. Da muss sich Bernau wirklich nicht verstecken.
Gibt es einen besonderen „Service“, den die Stadt in den Schulen bietet?
Ja, zum Beispiel ist seit dem Schuljahr 2008/09 mittels Beschluss der Stadtverordnetenversammlung festgelegt, dass die Schüler an städtischen Grundschulen kostenfrei mit Schulmilch versorgt werden. Diese freiwillige Leistung findet sehr großen Zuspruch und ist in Zeiten knapper kommunaler Kassen keineswegs selbstverständlich. Außerdem statten wir sowohl die Erst- als auch die Siebtklässler zu Schuljahresbeginn mit eigenen Schul-T-Shirts aus. Am Schuljahresende werden die besten Schülerinnen und Schüler zudem vom Bürgermeister im Rathaus mit einem kleinen Empfang geehrt.
Was sind denn in der städtischen Schulverwaltung momentan die größten Herausforderungen?
Aktuell müssen wir eine Lösung für den Stadtkern finden, um dort die Schülerströme besser zu lenken. Wie gesagt, an einigen Stellen stoßen wir schon an Kapazitätsgrenzen. Unser Ziel ist es, jedem Schüler und jeder Schülerin eine wohnortnahe Schule anzubieten, Zuweisungen wollen wir möglichst vermeiden.
Auch die Einführung von „Flex“, der flexiblen Eingangsphase in die Schule, beschäftigt uns momentan. Bis 2013 muss flächendeckend jede Schule diese Variante anbieten, bei der die erste und die zweite Klasse zusammen lernen. Hier arbeiten wir teilweise noch an den räumlichen Voraussetzungen, denn da zwei Klassen gemeinsam lernen, ist auch ein Teilungsraum erforderlich. Es ist gar nicht so einfach, derartige Umbauten bei laufendem Betrieb vorzunehmen. Insofern gilt hier allen Beteiligten mein Dank für ihr Verständnis.
Viel diskutiert wird ja aktuell auch das Thema „inklusive Schule“. Gibt es hierzu schon Planungen innerhalb der Stadtverwaltung?
Das brandenburgische Ministerium für Bildung, Jugend und Sport hat ein „Behindertenpolitisches Maßnahmepaket für das Land Brandenburg“ zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention im Bildungsbereich erarbeitet. Ab 2012 sollen die Landkreise ein flächendeckendes Netz inklusiver Schulen durch die Erstellung von sogenannten Schulentwicklungsteilplänen „Inklusion“ entwickeln. Hauptanliegen der inklusiven Schule ist, dass alle Schülerinnen und Schüler in einer wohnortnahen Schule weitestgehend gemeinsam eine ihren Fähigkeiten, Leistungen und Neigungen entsprechende Förderung und Bildung erhalten.
Das klingt nach einem ganz schön umfangreichen Vorhaben.
Das ist es auch. Wir müssen daher jetzt überlegen, wie das am besten umzusetzen ist. Hier darf natürlich ein Austausch mit den anderen Schulträgern nicht fehlen. Bis zum Schuljahr 2015/16 soll für die Förderschwerpunkte Lernen, soziale/emotionale Entwicklung und Sprache in allen Grund-, Ober- und Gesamtschulen die sonderpädagogische Grundversorgung schrittweise eingeführt werden. Dazu läuft in diesem Schuljahr in Brandenburg ein Pilotprojekt an. Unsere Schulen haben die Teilnahme an dem Projekt vorerst abgelehnt, da sich zu viele offene Fragen zu den Rahmenbedingungen ergeben haben. Aber natürlich werden wir das Projekt aufmerksam verfolgen und können daraus sicher entsprechende Schlüsse ziehen.
Angebote des gemeinsamen Unterrichts für Schüler mit Defiziten bei der körperlichen und motorischen Entwicklung, beim Sehen und Hören sollen anschließend folgen. Ein sukzessiver Umbau zu barrierefreien Schulen wird seitens der Verwaltung ja seit Jahren vorangetrieben, Integration schon tagtäglich gelebt. Auch seelisch beeinträchtigte und autistische Kinder sollen schließlich teilhaben. Vor diesem Hintergrund ist nicht ausgeschlossen, dass Förderschulen künftig einen ganz anderen Stellenwert bekommen.
Können Sie abschließend noch etwas zur Schulentwicklungsplanung für die kommenden Jahre sagen?
Die Schulentwicklungsplanung ist eine Aufgabe des Landkreises. Allerdings wird die Stadt bei der Planung hinzugezogen und auch die Schulen werden natürlich informiert. In der Regel gibt es zur Erfassung des Zustandes der Schule einen Besichtigungstermin vor Ort. Die Hauptfrage lautet: Ist der jeweilige Schulstandort gesichert? Bei den städtischen Schulen ist dies unter Berücksichtigung der Schulbezirkssatzung der Fall. Die Zahl der möglichen Schulanfänger schwankt auf der Grundlage der Geburten in den nächsten Jahren zwischen 335 und 371.
Frau Timmermann, vielen Dank für das Gespräch.