18.10.2013
Wiederentdeckter Bronzekopf in die Skulpturensammlung aufgenommen
Die Skulpturensammlung hat Zuwachs bekommen: „Richard“. So heißt das Kinderbildnis der Berliner Künstlerin Ruthild Hahne, das bereits verschollen geglaubt war und nun wieder aufgetaucht ist. Gestern wurde die Bronzebüste im Beisein des Sohnes der Künstlerin, Dr. Stefan Hahne, im Kunstraum Innenstadt feierlich enthüllt.
Eine Bürgerin hatte den entscheidenden Tipp gegeben, dass im Familientreff der Kindernachsorgeklinik Berlin-Brandenburg in Bernau ein verschollenes Kunstwerk stehen könnte. Dank des sehr kooperativen Zusammenwirkens der Stadt Bernau und der Geschäftsführung der Nachsorgeklinik konnte die Büste eines Mädchens, „Nora“, in die Skulpturensammlung aufgenommen werden. Bei der Übergabe stellte sich heraus, dass die Nachsorgeklinik noch über einen zweiten Bronzekopf in gleichem Stil verfügt, Herkunft unbekannt. Das Geheimnis um diesen zweiten Kopf ließ sich durch intensive Nachforschungen klären: es handelte sich um das Kinderbildnis „Richard“, gewissermaßen Noras Bruder. So erhielt die Stadt zu dem einen Kunstwerk ein zweites dazu.
Während „Nora“ sofort nach der Überführung in die Skulpturensammlung aufgenommen werden konnte, musste „Richard“ erst gründlich gereinigt werden. Über die „Heimkehr des verlorenen Sohnes“ freute sich Kulturdezernent Eckard Illge besonders: „In der Ausstellung sind die verschollenen Kunstwerke aufgelistet, um Besucherinnen und Besucher für die noch fehlenden Objekte zu sensibilisieren. Dass dieses Vorgehen funktioniert, zeigt sich jetzt anhand von ‚Nora‘ und ‚Richard‘. Die eine Lücke konnte geschlossen werden und obendrein haben wir noch ein künstlerisches Bonbon dazubekommen.“ Die beiden neu aufgenommenen Büsten stehen im Kunstraum Innenstadt unmittelbar nebeneinander.
Der Sohn der Künstlerin, Dr. Stefan Hahne, berichtete in seiner Ansprache, wer die Vorlage zu diesen Bronzeköpfen abgab: Während eines Kuraufenthaltes in Prag 1947 portraitierte Ruthild Hahne die Kinder des ehemaligen amerikanischen Majors George Wheeler, der als Korrespondent für die Radiostation „Voice of America“ tätig war. „Nora“ und „Richard“ waren also auch im echten Leben Geschwister. Aufgrund eines angedeuteten Halstuchs am unteren Rand der Büste wurde „Richard“ aus dem Zeitverständnis heraus fälschlicher Weise als „Junger Pionier“ definiert. Über den Entstehungszusammenhang war schließlich fast nichts bekannt. In Wirklichkeit war Richard Major Wheelers Sohn und amerikanischer Scout.
Seit Juni dieses Jahres zeigt die Stadt Bernau bei Berlin die Skulpturensammlung aus der Waldsiedlung und präsentiert darin namhafte deutsche Bildhauer des 20. Jahrhunderts wie Fritz Cremer, Heinrich Drake, Waldemar Grzimek, Ingeborg Hunzinger, Jenny Mucchi-Wiegmann, Gustav Weidanz u.a. Die hier ausgestellten Werke wurden zwischen 1958 und 1960 für die gerade entstandene Wohnsiedlung für die Mitglieder des Politbüros des ZK der SED – Waldsiedlung Bernau – zusammengetragen und aufgestellt. Noch im Dezember 1989 mussten die Bewohner das bis dahin gut gesicherte und bewachte Gelände verlassen. In der Folgezeit erfuhren die Kunstwerke ein wechselvolles Schicksal. In den vergangenen drei Jahren ließ die Stadt Bernau bei Berlin die Skulpturen sichern und aufwändig restaurieren. Es gelten noch immer sieben Skulpturen als verschollen.
Über 2000 Besucher haben die Ausstellung bereits besichtigt – im Gästebuch finden sich Eintragungen wie diese: „Wunderbar, so viel Schönheit zu entdecken in Bernau.“ Die Öffnungszeiten sind mittwochs von 10 bis 18 Uhr und samstags von 10 bis 16 Uhr. Der Eintritt ist frei.