16.09.2019
Wenn ein Entwurf zum Leben erweckt wird
Das Neue Rathaus greift die Maßstäblichkeit der benachbarten Bauten auf und bildet ein modernes Vis-à-vis zur Sankt-Marien-Kirche. Das Neue Rathaus – ein Entwurf des Architekturbüros studioinges.
Der Grundstein für die gemeinsame Geschichte des Neuen Rathauses und der studioinges Architektur und Städtebau GbR wurde 2014 gelegt, als sich das Berliner Architekturbüro in einer europaweiten Ausschreibung durchsetzen konnte. Seitdem betreut ein über sechsköpfiges Team das Bernauer Großbauprojekt. Trotz seiner jungen Unternehmensgeschichte kann das 2004 gegründete Architekturbüro ein bemerkenswertes Portfolio vorweisen. Egal, ob bei kleinen Innenausbaukonzepten oder bei großen Bauaufgaben, studioinges ist es wichtig, eine passende städtebauliche Haltung zu entwickeln und spannende Räume zu schaffen. Daher sprach #BERNAUER mit studioinges über Architektur und das Neue Rathaus.
Architekten sollten …
… in ihrer Arbeit auch den Nachhaltigkeitsgedanken und die sozialen Aspekte mit bedenken.
Was ist die besondere Herausforderung am Projekt „Neues Rathaus“?
Die große Verantwortung gegenüber Stadt und Bürgern, welche aus der dominanten Lage direkt am historischen Marktplatz und natürlich aus der Nutzung als Haus für die Bürger erwächst.
Der kanadisch-US-amerikanische Architekt Frank Gehry sagte: „Architektur soll von Zeit und Ort erzählen, sich aber nach Zeitlosigkeit sehnen.“ Welche Elemente sorgen beim Neuen Rathaus für sein klassisches Erscheinungsbild?
Der Rathausneubau enthält viele klassische Elemente, die formal zeitgemäß interpretiert werden: Beispiele hierfür sind der Vorplatz mit Freitreppe, die Hervorhebung öffentlicher und repräsentativer Bereiche in der Fassade, die Stadtloggia und der Bürgersaal in der „Beletage“ sowie die Aussichtsplattform als stadträumliche Dominante und das Atrium.
Welche sehenswerten Besonderheiten bietet der Rathausneubau seinen Gästen?
Eine Besonderheit entdecken die Besucher bereits, wenn sie in das Neue Rathaus gehen. Hier zeigt sich ihnen das Atrium. Sein „zentraler Raum“ erstreckt sich im mittleren Bereich des Hauses durch Lufträume, die über alle Geschosse hinweggehen. Sie ermöglichen Blickbezüge durch die verschiedenen Bürogeschosse hindurch. Wenn die Besucher dann der Foyertreppe ins erste Obergeschoss folgen, treffen sie auf den multifunktionalen Bürgersaal. Er befindet sich zentral eingebettet im Haus und ist mit textilen Akustikwänden ausgestattet. Der Bürgersaal kann vielseitig genutzt werden und dient unter anderem als Gästebereich bei der Stadtverordnetenversammlung. Auch die Stadtloggia auf dieser Etage ist beeindruckend. Sie streckt sich über die ganze Breite des Bürgersaals und wird zukünftig marktplatzseitig
ein markantes Merkmal der Fassade sein, das einen Blick zur Kirche und zum alten Rathaus ermöglicht. Beeindruckend ist auch die Dachterrasse im vierten Obergeschoss, die auch für Veranstaltungen genutzt werden kann. Außerdem lohnt sich auch ein Aufstieg in das sechste Obergeschoss. In dem turmartigen Fortsatz auf dem Dach befindet sich eine für Besucher zugängliche Aussichtsplattform, die einen Blick über die gesamte Altstadt ermöglicht.
Wie fühlt es sich an, wenn man sieht, wie eine Zeichnung von Monat zu Monat immer mehr Gestalt annimmt?
Bauen ist ein langwieriger Prozess und so vergeht vom ersten Entwurf bis zum ersten Spatenstich sehr viel
Zeit. Wenn man zur Baustelle fährt und am Marktplatz um die Ecke biegt, ist es manchmal regelrecht überraschend, wie das, was man „auf Papier gebracht“ und mit dem Bauherrn zusammen weiterentwickelt hat, sich vor dem eigenen Auge manifestiert und wöchentlich Fortschritte macht. Die Anmutung und die real gewordenen Detaillösungen mit den ursprünglichen Skizzen und Zeichnungen vor Ort zu vergleichen, ist immer wieder spannend – und auch ein bisschen Stolz schwingt hier dann mit.