18.11.2014

"Nicht ohne meinen Schlichter"

Daniel Wendt, Bernd Komoß und Werner Stremlow (v. l. n. r; Foto: Pressestelle)

Jeden ersten Dienstag im Monat setzen sich Werner Stremlow, Bernd Komoß und Daniel Wendt ins Bernauer Rathaus und warten auf verärgerte Bürger – freiwillig. Die drei Schiedsmänner und ihre beiden Ersatzpersonen Astrid Heinze und Heyo Reimers legen Privatstreitigkeiten bei, ehe diese vor Gericht landen. Das klappt nicht immer, aber oft. Wie die Arbeit von Schiedspersonen konkret aussieht, erzählen sie in diesem Interview.

Pressestelle: Was ist die Aufgabe eines Schlichters?

Bernd Komoß: Unsere Arbeit unterscheidet sich grundsätzlich von der Arbeit eines Richters oder Anwalts. Schlichter fällen kein Urteil, sie geben keine Rechtsberatung, sondern sind einfach Hilfesteller. Wir helfen streitenden Parteien, sich zu einigen und den Zwist aus der Welt zu schaffen. Zur Rechtsberatung sind wir auch gar nicht ausgebildet. Wir sollen ja die Gerichte entlasten und nicht ersetzen.

Pressestelle: Ist das den streitenden Parteien nicht von vornherein klar?

Daniel Wendt: Nein. Oft wird unsere Arbeit im Vorfeld missverstanden. Da kommt dann etwa ein Bürger zum Schlichtungsgespräch und hat sich vorher schon im Internet über seine Rechte schlau gemacht. Zum Beispiel darüber, wie hoch der Nachbarzaun maximal sein darf. Das steht für mich als Streitschlichter aber nicht im Vordergrund. Mich interessiert WARUM? die Höhe des Zaunes als störend empfunden wird. Die Antwort: „Weil es im Gesetz steht!“ kann hier nicht gelten. Hier geht es nicht darum Recht durchzusetzen, sondern das Problem zu lösen.

Pressestelle: Wie oft gelingt eine Einigung?

Bernd Komoß: Nicht immer, dann geht der Streit vor Gericht weiter. Aber doch recht häufig. Oft verbirgt sich hinter einem konkreten Anlass eine recht lange Vorgeschichte von Zwistigkeiten. Der Streit ist mit Beilegung des einen Punkts dann auch nicht erledigt – da muss man oft mehr freilegen, um an den eigentlichen und vielleicht uralten Kern des Problems zu kommen. Wenn eine Einigung gelingt, ist das ein schönes Gefühl. Fast noch schöner ist es, wenn man zunächst denkt, dass der Schlichtungstermin erfolglos gewesen sei, aber die Streitparteien Wochen später berichten, dass sie sich doch noch geeinigt und den Streit begraben haben. Dann brauchten sie eben noch etwas Zeit, um ihren Stolz zu besiegen und um nachzudenken.

Pressestelle: Wen haben Sie besonders häufig vor sich? Männer? Frauen? Ältere? Junge?

Werner Stremlow: Weder Männer noch Frauen, weder Alt noch Jung fallen durch besondere Streitneigung auf. Auch die Jahreszeiten spielen hier keine Rolle – die Leute sind im Sommer nicht „hitziger“ als sonst. Es sind eher typische Themen, die man ausmachen kann.

Pressestelle: Welche sind das?

Daniel Wendt: Klassiker sind Grenzstreitigkeiten und Lärmbelästigungen unter Nachbarn sowie Geldfragen zwischen Verwandten oder Freunden. Oft verstehen sich die Leute zunächst gut, vereinbaren etwas mündlich, doch dann ändert sich die Situation für einen der Beteiligten und er hat plötzlich andere Interessen. Jemand, der Geld geborgt hat, kann auf einmal selbst unter finanziellen Druck geraten. Oder die Nachbarschaft mischt sich: Plötzlich wohnen Senioren neben einer Familie – zwei Parteien mit völlig unterschiedlichen Lebensstilen!

Pressestelle: Der Vorteil für die Gerichte ist klar – durch Ihre Tätigkeit müssen weniger Fälle bearbeitet werden. Welche Vorteile bringt die Schiedsstelle gegenüber dem Gang zum Gericht für Menschen, die Ärger mit dem Nachbarn haben?

Werner Stremlow: Drei Aspekte fallen mir da sofort ein: Einflussmöglichkeiten, die Aussichten auf Frieden und die Kosten. Erstens: Die Parteien haben einen Einfluss auf das Ergebnis. Sie können die Einigung und die umzusetzenden Änderungen mitbestimmen. Das ist bei Gericht nicht so, da entscheidet der Richter. Das Schlichtungsergebnis muss schriftlich festgehalten werden und ist, wenn alle Parteien unterschrieben haben, von gleicher Qualität wie ein Gerichtsurteil. Aus dem Vergleich könnte dann ein Titel erwirkt werden, der 30 Jahre vollstreckbar ist. Dies ist in den meisten Fällen aber nicht notwendig.
Zweitens: Der Friede zwischen den Parteien ist eher wiederhergestellt. Wenn der Streit vor Gericht landet, hat man zwar ein eindeutiges Ergebnis, aber der Friede ist nicht unbedingt da. Der Verlierer hegt meist einen Groll, weil er verloren hat und auch noch die Kosten für einen Prozess tragen muss.
Und drittens, wenn wir schon beim Geld sind: Der große Vorteil einer Schlichtung besteht auch in den vergleichsweise geringen Kosten. So eine Schlichtung kostet im Normalfall nicht mehr als 50 Euro.

Pressestelle: Vielen Dank für das Gespräch.

Mehr Informationen hier oder beim Hauptamt der Stadt Bernau bei Berlin , Frau Segeth, Tel. (0 33 38) 365-123.

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