06.05.2020

Die Bibliothek im Wandel der Zeiten

Foto: BeSt

Ein Ort der Begegnung für Jung und Alt
Die Bernauer sind offensichtlich ein lesefreudiges Völkchen. Gern und viel gelesen haben sie auch vor 30 Jahren schon. Immerhin waren im Jahr der Wiedervereinigung 4300 Frauen, Männer und Kinder in der Bibliothek angemeldet. Heute sind es 5800. Dabei muss man bedenken, dass Bernau damals weniger als 20.000 Einwohner zählte. Durch Zuzüge und Eingemeindungen ist die Einwohnerzahl inzwischen auf mehr als das Doppelte gestiegen. Auch der Medienbestand der Bücherei war und ist beachtlich: 1990 konnten die Nutzer aus 80.000 Medien auswählen, dazu kamen etwa 50.000 aus dem Bestand des Kreises. Heute stehen in der Bernauer Stadtbibliothek 52.400 Medien zur Ausleihe bereit und etwa 6000 digitale Medien können über die Barnim-Onleihe ausgeliehen werden.

Bernau hat all die Jahre in die Bibliothek investiert
„Wir hatten immer genügend Etat, um neue Medien anzuschaffen“, erinnert sich Ilona Ebert, die fast 35 Jahre lang in der Bernauer Bibliothek gearbeitet und diese von 1999 bis 2017 geleitet hat. „Nach der Wende ging es für uns ganz normal weiter. Es gab keinen Einbruch bei den Nutzerzahlen und wir waren glücklich, dass die Bibliothek erhalten blieb. Immerhin ist das eine freiwillige Leistung der Stadt.“ Anderswo seien Bibliotheksmitarbeiter nur über ABM-Maßnahmen weiterbeschäftigt worden. Viele Medien seien damals aussortiert, aber auch viele neu angeschafft worden, so etwa die beliebten Bibi-Blocksberg- und Benjamin-Blümchen-Kassetten. Bibliotheksleiterin von 1989 bis 1999 war Christa Holz. „Die Arbeit hat all die Jahre über sehr viel Spaß gemacht, es kam immer wieder etwas Neues dazu. Wir waren ein eingespieltes Team, jeder hatte seine Aufgaben, wir konnten uns aufeinander verlassen“, sagt Ilona Ebert, die die Zeit in der Bibliothek als die schönste in ihrem Leben sieht.

Erst seit 1995 unter einem Dach
Bis 1995 war die Bibliothek noch zweigeteilt. Im Rathaus hatte die Erwachsenenbibliothek mit Belletristik und Sachbüchern ihr Domizil. Die Kinderbibliothek, die Phonothek und das Magazin der einstigen Fahrbibliothek waren erst in einer Holzbaracke in der Lohmühlenstraße und dann im Speisesaal des ehemaligen Stasi-Gebäudes in der Jahnstraße untergebracht. „Wir kamen uns vor wie ein Wanderzirkus“, so Ute Schindler von der Kinderbibliothek. Ausleihen konnte man in der Zweigstelle Bücher, Zeitschriften, Spiele, Kassetten und Schallplatten. Die Fahrbibliothek wurde noch bis August 1995 in Bernau-Süd genutzt. Und seit August 1995 sind alle Abteilungen unter einem Dach: in der Breitscheidstraße 43 b. Die einstige Berufsschule, die jahrelang leer stand, war zuvor mit Fördermitteln umgebaut worden. Ein Anbau für die Kinderbibliothek kam dazu. Trotz mancher Bedenken, ob das Konzept funktionieren werde, hat dann alles gut geklappt. „Ja, mit der Eröffnung gab es sogar einen Ansturm auf die Bibliothek. Die Eltern konnten zusammen mit ihren Kindern kommen – jeder suchte sich sein Buch aus“, weiß Ute Schindler.

Auch die Kinder lesen gern
Auch die Bernauer Kinder haben schon vor 30 Jahren gern gelesen. Damals waren in der Kinderbibliothek 1425 Mädchen und Jungen angemeldet, die 30.273 Kinderbücher entliehen haben. 2019 waren 2321 Kinder angemeldet, fast 55.000 Kinderbücher wurden ausgeliehen. „Manche nehmen taschenweise Bücher mit, so groß ist das Interesse“, so Ute Schindler. Bemerkenswert war und ist auch das breite Veranstaltungsangebot der Bibliothek. Im Jahr 1990 gab es 137 Veranstaltungen für Kinder, 2019 waren es 109. Darunter waren Bilderbuchkino, Bibliothekseinführungen, Lesungen, Bastelworkshops, Puppentheater und Rechercheübungen. Beliebt bei Erwachsenen sind die „Bernauer Schäferstündchen“ – eine Veranstaltungsreihe mit Prominenten aus Literatur, Musik und Schauspiel. Auch der kürzlich verstorbene Otto Mellies war da zu Gast. Veranstaltet werden auch Buchlesungen und Diavorträge.

Zwischen der technischen Ausstattung einst und heute liegen Welten
Welten liegen allerdings zwischen der technischen Ausstattung von einst und heute. „Damals hatten wir nicht mal ordentliche Schreibmaschinen und jetzt könnten wir ohne Computer nicht mehr auskommen“, so Ute Schindler. 1994 wurde ein erster PC-Arbeitsplatz für die Mitarbeiter eingerichtet, zwei Jahre später begann die elektronische Datenerfassung der Bestände und 1997 kam ein erster Internetarbeitsplatz für die Nutzer dazu. Inzwischen gibt es mehrere, außerdem OPAC-Auskunftsplätze, an denen man im Bestand recherchieren kann. Am letzten Tag des alten Jahrtausends startete ein Medienverbund mit Ahrensfelde, Biesenthal und Wandlitz und im ersten Jahr des neuen Jahrtausends wurde die Computerverbuchung eingeführt. Neu waren auch die Bibliotheksgebühren, nach deren Einführung die Nutzerzahlen jedoch stabil blieben. Mit der Eingemeindung von Börnicke, Lobetal und Schönow wurden auch die jeweiligen Zweigbibliotheken eingemeindet. Die Bibliotheken in Börnicke und Lobetal werden ehrenamtlich geführt.
In den 30 Nachwendejahren kamen und gingen Medien. Schallplatten, Videos, Kassetten und CD-Roms gehören mittlerweile der Vergangenheit an. Die momentan gängigsten Medien sind neben Büchern CDs, DVDs, eMedien, Konsolenspiele und Tonies. In der Barnim-Onleihe stellen Barnimer Bibliotheken ihren Nutzern vorwiegend deutschsprachige eBooks, eAudios, ePaper beziehungsweise eMagazine zur Verfügung. Im Mittelpunkt steht der Bereich Belletristik, aber auch das Angebot an Sach-, Kinder- und Jugendliteratur wird ständig erweitert. Alles in allem werden in Bernau pro Jahr etwa eine Viertelmillion Ausleihen registriert. „Die Bibliothek hat sich von einer Ausleihstation immer mehr zu einem Treff und Aufenthaltsort entwickelt. Das wissen die Kunden zu schätzen. Viele, die einst als Kinder kamen, kommen heute mit ihren Kindern“, so Andreas Otto, der seit 20 Jahren dort arbeitet. Ihren Nachwuchs bildet die Stadtbibliothek übrigens selbst aus. Seit 1996 beginnen dort alljährlich zwei Azubis ihre Ausbildung.

Auf dem Kulturhof entsteht ein Bildungs- und Begegnungszentrum
Seit fast zwei Jahren leitet Annegret Fritz die Bibliothek. Sie gehört zu den Glücklichen, die ihr Hobby zum Beruf machen konnten. Zusammen mit ihrem Team muss sie derzeit die Herausforderung meistern, den Betrieb trotz Bauarbeiten am Laufen zu halten. Die Bibliothek und der Treff 23 werden umgebaut und modernisiert. Auf dem Kulturhof entsteht ein Bildungs- und Begegnungszentrum mit zentralem Eingangsbereich, Lesecafé und Veranstaltungsraum. Nächstes Jahr soll alles fertig sein. In den Umbau investiert die Stadt mehr als drei Millionen Euro. „Mit der Modernisierung wollen wir eine einladende Atmosphäre schaffen. Die Bibliothek soll auch in Zukunft ein Ort der Begegnung für Jung und Alt sowie ein fester und attraktiver Bestandteil des Kulturlebens der Stadt sein“, so Annegret Fritz.


Nach der 7-wöchigen Schließung wegen der Corona-Pandemie ist die Bibliothek seit Anfang Mai wieder geöffnet. Die Zeit wurde genutzt, um alle notwendigen Hygiene- und Schutzmaßnahmen zu treffen. Weitere Informationen dazu gibt es unter www. www.bernau.de > Bürgerportal > Bildung > Bibliotheken. Geöffnet ist die Stadtbibliothek in der Breitscheidstraße 43 b (Kulturhof) montags und donnerstags von 10 bis 18 Uhr, dienstags von 10 bis 19 Uhr, freitags von 10 bis 16 Uhr und samstags von 10 bis 12 Uhr.

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