19.11.2012
Bernau ist 2013 schuldenfrei und kann weiter investieren
Interview mit Ralf-Peter Hennig — Finanz-und Ordnungsdezernent der Stadt Bernau
Nach mehr als zehn Jahren wird Bernau 2013 erneut schuldenfrei sein. Sämtliche Zahlungsverpflichtungen und Investitionen wird die Stadt dann wieder ohne Kredite stemmen können. Diesen Erfolg teilt Bernau mit nur sehr wenigen Kommunen im Land Brandenburg. Im Interview spricht Bernaus Finanzdezernent Ralf-Peter Hennig über den konsequenten Weg der Stadt in die schwarzen Zahlen und über Investitionen im kommenden Jahr.
Das Wort Kommune ist quasi ein Synonym für klamme Kassen geworden. Bernau hingegen ist 2013 schuldenfrei. Wie hat die Stadt das geschafft?
Als Kommune unterscheidet sich Bernau keineswegs von vielen anderen im Land — jedenfalls was die gewerbliche Infrastruktur betrifft. Trotz der Nähe zu Berlin erhält die Stadt 2013 voraussichtlich Schlüsselzuweisungen in Höhe von 18,5 Million Euro. Das sind Gelder vom Land für strukturschwache Kommunen, quasi als Hilfe zum „Lebensunterhalt“. Was uns von anderen Gemeinden unterscheidet, kann ich nur mutmaßen. Unter Friedrich Wilhelm I. stand das preußische Beamtentum für Genauigkeit, Sparsamkeit, Strenge und Kleinlichkeit. Ein Schatten dieser Geisteshaltung ist sicherlich im positiven Sinn in der Finanzwirtschaft Bernaus wiederzufinden. Aus meiner Sicht ringen Stadtverwaltung und Kommunalpolitik im Vergleich zu anderen Gemeinden durchaus erfolgreich darum, sich auf das finanziell Machbare zu beschränken.
Was war die größte Herausforderung auf dem Weg in die schwarzen Zahlen?
2002/3 haben sich einige Umlandgemeinden zu Bernau bekannt. Die Kommune hatte in der Folgezeit 8,8 Millionen Euro zu tilgen. Zuvor konnten bereits 10,8 Millionen Euro Schulden abgebaut werden. Diese waren unter anderem durch die erste Eingemeindung entstanden.
Manchmal hat man den Eindruck, Schulden zu machen, ist salonfähig geworden — nach dem Motto „Die anderen machen es ja auch“. Wo liegen die Nachteile für die Kommune?
Ein großer Irrtum ist vielleicht, Kommunen und Unternehmen in einen Topf zu werfen. Die Einführung der Doppik ist in dieser Hinsicht nicht hilfreich. Unternehmen können Schulden steuerlich geltend machen. Diese Steuersparmodelle gelten für die Gemeinden nicht. Zins und Tilgung beschränken die Handlungsfähigkeit zu Lasten der örtlichen Gemeinschaft. Berlin ist dafür ein herausragendes Beispiel. Die dort aufgetürmten Schulden werden die nächsten Generationen noch abzutragen haben. Und das ist dann alltäglich zu sehen — auf der Straße, im Kindergarten, in der Schule. Wenn man keine Klarheit darüber hat, wie sich Investitionen langfristig tragen und ob sie im kommunalen Haushalt nachhaltig finanzierbar sind, dann wird am Ende der Bürger die Zeche zahlen müssen.
Das, was andere oder auch viele machen, muss nicht richtig sein. Denken Sie an das Märchen „Des Kaisers neue Kleider“. Oft werde ich im beruflichen Alltag daran erinnert.
Gab es für die Schuldentilgung so etwas wie einen Masterplan?
Zur Schuldentilgung gab es zu keiner Zeit eine Alternative. Wenn Sie so wollen, ist dies vielleicht der Masterplan. Nach meiner Auffassung sollten in der öffentlichen Finanzwirtschaft Kreditaufnahmen, wenn diese sich als notwendig darstellen sollten, immer vorübergehender Natur sein.
Ist die Unabhängigkeit von den Schlüsselzuweisungen der nächste Schritt für Bernau?
Bernau ist trotz der Randlage zu Berlin strukturschwach. Es ist nicht abzusehen, dass durch die Entwicklung der Steuerkraft der Finanzbedarf an Schlüsselzuweisungen sinkt. Wir machen uns im Rathaus eher Sorgen darüber, dass womöglich ab 2019 die investiven Schlüsselzuweisungen wegfallen könnten.
Kommen wir zu den Investitionen für 2013: Wie viel und worin wird im nächsten Jahr investiert?
Die Stadt Bernau wird im kommenden Haushaltsjahr Investitionen in Höhe von mehr als 20,5 Millionen Euro tätigen können. Stark investiert wird wieder in den Baubereich, zum Beispiel entsteht am Schulstandort Schönow ein komplett neues Schulgebäude, die Fichtestraße wird ausgebaut und der Bahnhofsplatz wird fertiggestellt. Zum Bereich der Anschaffungen gehört unter anderem ein neues Feuerwehrfahrzeug für 400.000 Euro. Ich denke, dass die Investitionshöhe im Umlandvergleich eine Spitzenposition darstellt. Panketal und Eberswalde haben beispielsweise 2012 jeweils 9,9 Millionen, die Stadt Brandenburg mit mehr als 70.000 Einwohnern 16 Millionen Euro investiert. Sogar manch ein Berliner Stadtbezirk kann unsere Investitionssumme nicht vorweisen.
Wie sehen Sie Bernaus mittelfristige Zukunft aus finanzieller Sicht?
Finanzpolitisch sollte die Stadt Wege finden, der Strukturschwäche zu begegnen. Nur mit höheren Steuer- und Gebühreneinnahmen können Standards wie der Erhalt der Infrastruktur gesichert werden. Die Nähe zu Berlin macht Bernau zu einem attraktiven Wohnstandort. Wenn es gelingt, finanziellen Nutzen daraus zu ziehen, dann können die künftigen finanziellen Herausforderungen sicherlich erfolgreich bewältigt werden.
Interview/Foto: Pressestelle Stadt Bernau