Persönlichkeiten der Stadt
Paulus Praetorius
Der am 24. Januar 1521 geborene jüngste Sohn des Bürgers, Bierbrauers und Tuchmachers Andreas Schultheiß namens Paulus Schultheiß (später Praetorius) galt als ungewöhnlich begabt und gelangte nach seinem Studium in Frankfurt zu hohem Ansehen und Reichtum.
Nachdem er zunächst als erster evangelischer Rektor in der Bernauer Stadtschule angestellt war, wurde er bald darauf vom Kurfürsten Joachim II. als Informator seiner beiden Söhne, der Markgrafen Friedrich und Siegismund, berufen. Die weiteren Stufen seiner Karriereleiter waren Erzbischöflicher Magdeburgischer, dann Kurfürstlicher Brandenburgischer und schließlich und endlich Kaiserlicher Rat.
Zwei Jahre vor seinem Tode verfasste er ein umfangreiches Testament. Obwohl er zu dieser Zeit Bernau schon längst den Rücken gekehrt hatte, gedachte er seiner Vaterstadt, indem er für arme Studierende ein nach damaligen Verhältnissen bedeutsames Kapital von 1.500 Talern aussetzte. Bedauerlicherweise kamen nur Jungen in den Genuss dieses Stipendiums. An „Jungfern“ sollten lediglich für den Fall, dass sie „zum christlichen Ehestand greifen [...] etliche Schefel Brodt-Korns“ ausgeteilt werden.
Das Gymnasium an der Lohmühlenstraße trägt heute den Namen Paulus-Praetorius-Gymnasium.
Georg Rollenhagen
Georg Rollenhagen, ein Satiriker, Pädagoge und Prediger, wurde als jüngstes von vier Kindern am 22. April 1542 in Bernau geboren. Georg hatte eine schwere Kindheit, verlor früh seinen Vater, wurde von seinem Großvater adoptiert und überstand schwere Krankheiten jener Zeit wie Pocken und 1550 die Pest. Nach vielen Stationen seines Lernens und Wirkens wurde Rollenhagen 1567 als Prorektor an das Magdeburger Gymnasium berufen, an dem er 42 Jahre, seit 1575 als Rektor, arbeitete.
Rollenhagens Wirken war in seiner Zeit über die Grenzen seiner Schule und die der Stadt Magdeburg hinausgegangen. Besonders auf zwei Gebieten erlangte Rollenhagen Achtung, Aufmerksamkeit und Ruhm. Als Pädagoge führte er die von Melanchthon begonnenen Reformen der Universitäten und Gymnasien weiter. Als Dichter war Rollenhagen der „letzt[e] herausragend[e] Repräsentant der bürgerlich lehrhaften Dichtung des Reformationsjahrhundert“. Sein Hauptwerk ist die Verserzählung „Froschmeuseler oder der Frösche und Mäuse wunderbare Hofhaltung“, die 1544 entstand und 1595 erstmalig gedruckt wurde. Er trat, mit Luthers Bibelübersetzung als Vorbild, für die Reinheit der deutschen Sprache ein.
Georg Rollenhagen starb am 20. Mai 1609 in Magdeburg.
Tobias Seiler
Geboren wurde Tobias Seiler am 17. November 1681 als jüngster Sohn des nachmaligen Propstes Christian Seiler und seiner Ehefrau Ursula Elisabeth Hübner.
Nachdem er in Leipzig das Theologiestudium abgeschlossen hatte, kehrte er nach Bernau zurück, um seinen altersschwachen Vater in seinem Predigtamt zu unterstützen. Eigentlich wollte der Magistrat ihm aus Dankbarkeit 1710 gern das hiesige Diakonat übertragen. Allein König Friedrich I. sah das anders und besetzte die hiesige Propststelle mit dem Feldprediger Trebbe.
1714 heiratete Seiler eine Predigertochter aus Beyersdorf, Dorothea Veronica Meister, mit der er zehn Kinder hatte, von denen allerdings drei schon sehr frühzeitig starben.
1720 wurde Tobias Seiler dann Diakon. Die Gemeinde hätte ihn 1725 gern zum Propst befördert, aber auch das sah der König anders und besetzte diese Stelle mit einem Günstling, mit dem jungen Prediger Waldmann, der bis zu seiner 1736 erfolgten Verhaftung und Amtsenthebung viel Ärger gemacht und Tobias Seiler zu dem Ausspruch veranlasst hatte: „O wie glückselig sind doch diejenigen Prediger, welche ohne Collegen leben...“
Dennoch hing Seiler mit großer Liebe und Treue an seiner Vaterstadt. So hat er mit unermüdlichem Fleiß und großer Gewissenhaftigkeit 16 Jahre lang die Bernauer Geschichte aufgeschrieben. Die von Karl Bülow herausgegebene Übertragung der Seilerschen Chronik ist 1995 erschienen.
August Wernicke
August Wilhelm Wernicke (30. Januar 1843 — 9. November 1912) entstammte einer alten Bernauer Familie. Eigentlich sollte er, der Familientradition folgend, Brauer werden.
Da er aber sehr schwächlich war, wurde er im „Büro-Fach“ ausgebildet. Er arbeitete in verschiedenen Behörden und war darüber hinaus ehrenamtlich als Stadtverordneter und Kirchengemeindevertreter tätig. 1886 räumte er die auf dem Rathausboden befindlichen Akten auf.
„Aus Liebe zu [s]einer Vaterstadt“ hat er sich der mühevollen Arbeit unterzogen, eine Bernauer Stadtchronik zu verfassen. Diese Arbeit nahm achteinhalb Jahre in Anspruch und wurde 1894 vollendet. Die Chronik von Wernicke gibt detaillierte Auskünfte über die Zustände in längst vergangenen Jahren und Jahrhunderten.